Die Erlösung passt in 140 Twitter-Zeichen

Papst Benedikt XVI. folgt dem Dalai Lama, als zwitschernden Religionsoberhaupt, auf Twitter. „Urbi @ Orbi“ und Lebenshilfe in max. 140 Zeichen, der Segen in Twitter ein Segen.

Der Papst twittert jetzt. Seine erste Nachricht lautete: „Liebe Freunde! Gerne verbinde ich mich mit euch über Twitter. Danke für die netten Antworten. Von Herzen segne ich euch.“ Ein päpstlicher Segen via Twitter, das hat eine neue Qualität an diesem Ort. Auch wenn er nicht der erste geistliche Führer hier ist: Der Dalai Lama macht schon seit 2009 auf Twitter mit und kommt bereits auf 5,7 Millionen Follower. Sein Social-Media-Konzept: kleine Weisheiten, zum Beispiel „Wissenschaftler stellten fest: Während Wut und Hass das Immunsystem negativ beeinflussen, wirken sich Herzenswärme und Barmherzigkeit positiv auf die Gesundheit aus.“ Nett, pragmatisch und es passt zum Image des Dalai Lama und seiner Religion.

Und die katholische Kirche? Der Papst versucht es auch mit Lebenshilfe: „Mach alles, was du tust, für den Herrn. Bitte ihn, dass er dir hilft in jeder Lebenslage. Denk daran, er ist immer bei dir.“ Er sollte sich aufs Segnen fokussieren. Das wäre ein tolles Alleinstellungsmerkmal auf Twitter, päpstlichen Segen kann nicht jeder. Jedoch stellt sich die Frage, wie es um die Gültigkeit des Segens in Twitter steht. Schon bei Fernsehgottesdiensten war das lange ein Problem. Gemäß den „Leitlinien zur Übertragung von Gottesdiensten“ müssen Messe und Segen live miterlebt worden sein, damit sie gültig sind.

Dass der Sonntagsgottesdienst des ZDF einmal in der Mediathek landen würde, war lange undenkbar. So ist das auch beim „urbi et orbi“, mit dem den Gläubigen ein vollkommener Ablass der Sündenstrafe gewährt wird. War früher dafür die physische Anwesenheit des Empfängers auf dem Petersplatz beziehungsweise die Sichtweite des Spenders notwendig, so kann der Segen seit 1967 auch über Radio, seit 1985 über das Fernsehen und seit 1995 auch über das Internet gültig empfangen werden.

Doch wie ist das bei Social Media? Wenn ich nun einen Segen in der Timeline sehe, kann ich mich dann gesegnet fühlen? Oder ist zu befürchten, dass die Mindesthaltbarkeitsdauer des Segens abgelaufen ist? „Wort zum Sonntag“-Pfarrer Ulrich Haas antwortete mir: „Wenn ich gesegnet werden will, dann wird Gott mich auch segnen. Ich muss nur innerlich dafür offen dafür sein. Gott ist größer als ein Live-Event.“

Wenn man ihn also will, ist der Segen in Twitter ein Segen. Erlösung passt also doch in 140 Zeichen. Warten wir mal ab, ob „urbi et orbi“ bald in der Timeline auftaucht.

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