Journalisten sind im Facebook-Stream nur Gäste, lasst uns gute Gäste sein

Teaserbild-2 (1)

Wenn man bei jemandem zu Gast ist, hält man sich an die Hausregeln. Viele Jahre lang waren wir Journalisten die Gastgeber. Man schlug eine Zeitung auf, schaltete die Nachrichten ein oder tippte die Internetadresse der Nachrichtenseite ein. Bei all dem verließ der Leser seine Welt und betrat eine, die nicht unter seiner Kontrolle war.

Doch das hat sich verändert. Der Konsument hat nun viel mehr Möglichkeiten und Wege, an Nachrichten zu kommen. Und kann entscheiden, wie viele er will und wann. Und sind wir Journalisten vom Gastgeber zum Gast geworden.

Zu Gast im Facebookstream, im Twitterfeed und als nur eine von vielen Apps auf dem Smartphone. Als ich mich noch intensiv um die SocialMediaKanäle der „Welt“ gekümmert habe, lernte ich, ein guter Gast zu sein.

Denn wenn uns jemand liked oder folgt, dann ist es, als würde er uns eine Einladung zu seiner Hausparty reichen. Also muss man irgendwie auch nach den Regeln dieses Gastgebers spielen. Es wird einem heute immer gesagt, man müsse in den Netzwerken aktiv sein – aber sture Postings allein bringen niemanden voran, erst recht nicht den Kunden. Sie würden ja auch nicht auf der Party mitten in eine Gesprächsgruppe treten, etwas völlig Themenfremdes sagen und dann wieder gehen, oder?

Der Journalist darf nicht stören

Wenn man die Social-Media-Kanäle betreut, muss man immer bedenken, mit wem man da im Stream zeitgleich auftritt und konkurriert: Nachrichten von Freunden, Babyfotos der Kollegen, Urlaubsbilder und bestimmt auch das ein oder andere Haustier-Posting. Man tritt auch als Nachrichtenmedium zwingend in eine Konversation ein, und ruft nicht einfach nur eine Überschrift in den Raum.

Nur so können wir relevant sein und Relevanz schaffen – um Himmels willen keine Beliebigkeit. Wir Journalisten müssen heute viel mehr ein Gespür dafür entwickeln, wie das, was wir tun, in die Lebenswirklichkeit der Menschen passt, denn wir dringen in deren Leben ein. Nehmen wir das Handy: Die meiste Zeit nutzen die Besitzer es laut Studien für soziale Netzwerke und für Spiele. Für Freunde und Unterhaltung.

Wenn wir da nun zwischendrin mit einer Meldung auftauchen, dann müssen wir schon direkt erklären, warum wir da hineinplatzen. Sprich: Wir müssen dem Leser klarmachen, warum das, was für uns gerade eine Eilmeldung ist, auch tatsächlich für ihn direkt oder indirekt wichtig ist. Wir schulden ihm diese Erklärung, warum wir seine Unterhaltung plötzlich unterbrechen.

Und so versuchen wir als „Welt“, Nachrichten zu erklären. Wir wollen der Partygast sein, den man immer wieder gerne einlädt, weil er Interessantes zu erzählen hat. Der einen nicht noch mehr verwirrt, wenn es um etwas Wichtiges geht. Und manchmal auch weiß, wann er sich besser zurückhält.

(Visited 9 times, 1 visits today)

Leave A Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert