Deutsche lassen sich beim Datenvolumen übers Ohr hauen

dataplan

Es ist der 22. Mai. Und surfe mit dem Handy schon wieder mit reduzierter Geschwindigkeit. Denn mein Datenvolumen von 1,5 GB ist aufgebraucht. Das wäre schon viel früher passiert, würde ich mich nicht 80 Prozent meines Tages in Räumen mit WLAN aufhalten (Arbeit, Cafés und Zuhause).

Das Handy gehört heute zur normalen Internetnutzung genauso dazu wie der Computer. Seit Jahren steigt beständig der Anteil der Leser (auch bei welt.de), die auf mobilen Geräten surfen. Bei Google werden mittlerweile 50 Prozent aller Suchanfragen von Handy gestartet. Und doch wird uns in Deutschland der Zugang zum mobilen Internet unnötig erschwert. Und zwar auf ziemlich einzigartige Weise in Europa.

„Politico.eu“ berichtete nun über eine Studie des Telekommunikationsberaters Rewheel, die jeden, der diesen Monat schon zusätzliches Datenvolumen für 3-6 Euro gekauft hat, in die Tischkante beißen lässt. Es wurde verschiedenen Ländern untersucht, wie viel Datenvolumen im schnellen LTE-Netz ein Kunde bekommt, wenn er einen Handyvertrag hat, bei dem er monatlich 35 Euro zahlt.

Wie viel sind es bei Ihnen? 1 GB? 1,5 wie bei mir? 2 GB? Alles Killefit. In Finnland hat man 50 GB Datenvolumen inklusive. FÜNFZIG. Das ist so viel, wie die Telekom einst die DSL-Volumenbegrenzung setzen wollte, mit dem Kommentar „so viel surfen nur wenige in Deutschland“. In Estland bekommt man 40GB; in Dänemark, Schweden, Großbritannien, Frankreich und Litauen immerhin noch 20.

Und Deutschland? Deutschland findet sich am Ende der Skala wieder, hinter Polen, Tschechien und Romänien, neben Portugal und Ungarn. Selbst mit einem 60-Euro-Vertrag käme man laut „Politico“ auf nur 5GB Volumen.

Warum ist das so? Jürgen Grützner, Lobbyist der Mobilfunkunternehmen in Brüssel für den VATM (Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten), sagt „Politico“: „Die Nachfrage nach mobilem Internet in Deutschland ist sehr gering, der verbrauchte Datenvolumen liegt weit hinter dem in anderen EU-Ländern“. Laut Studie verbrauchten die Deutschen mobil letztes Jahr im Durchschnitt 410 MB pro Monat, im Vorjahr waren es noch 280. Zum Vergleich: Finnen verbrauchten 5,1 GB (2,89 GB in 2013). Insofern scheint der Lobbiyist recht zu haben.

An der Verfügbarkeit von schnellen Funknetzen kann es nicht liegen, da war Deutschland schon früh dabei und steckt weiterhin viel Geld hinein. „Wir bauen eines der modernsten Netze in Europa auf“, sagt Vodafone-Pressesprecher Thorsten Hoepken der „Welt“. Ist es vielleicht doch so, dass das verbrauchte Datenvolumen hierzulande so niedrig ist, weil wir für jedes Kilobyte teuer bezahlen müssen? Natürlich schaut sich dann hier kein Mensch unterwegs ein Youtube-Video an. Das Inklusivvolumen wäre nach einem Tag aufgebraucht.

Mein Kollege Stephan Dörner schreibt dazu in seinem Artikel: Verivox-Expertin Blöcher spricht von „historischen Gründen“, die bis zu erstmaligen Versteigerungen von UMTS-Lizenzen im Jahr 2000 zurückreichen. Auf dem Höhepunkt des Internetbooms ersteigerten die Mobilfunkanbieter damals Frequenzbänder im zweistelligen Milliardenbereich für das schnelle mobile Internet. Danach mussten die riesigen Kosten durch die Provider wieder eingespielt werden, wodurch das mobile Internet lange so teuer war, dass in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern es kaum genutzt wurde. Bei dem Vergleichsportal ist kein anderes Land bekannt, in dem die Lizenzen für derart hohe Summen versteigert wurden.

1,5 GB Datenvolumen bekomme ich jeden Monat für 39 Euro. Alle paar Tage schaue ich auf den Zähler im Handy, so wie einst, als ich noch Inklusivminuten-Verträge bei E-Plus hatte. Wenn ich unterwegs bin, schaue ich nach freiem WLAN, wähle oft lieber das hässlichere Café oder esse zu teuer im Restaurant, weil es das Free-Wifi-Schild hat. In vielen Jahren, werden wir hoffentliche darüber mal lachen, heute ist es leider Realität und traurig.

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