Alltagsrassismus: Keine Gratis-Zeitung für den Asiaten?

„Wurdest du als Ausländer schon mal doof angemacht?“ Diese Frage war mir als Kind immer sehr fremd. Ich wuchs in einem katholischen Dorf im Sauerland auf und fühlte mich nie anders behandelt als andere Kinder. Ich gehörte zum normalen Straßenbild bei uns. Ausländerfeindlichkeit war für mich etwas, das Ausländern passiert, Leuten, die hier nicht mitmachen.

Auch bis heute wurde ich nie doof angemacht, und doch fühle ich mich als Erwachsener immer häufiger in kleinen alltäglichen Situationen diskriminiert. Wenn auch nur im Subtext. Nehmen wir diese, die bei mir immer ein seltsames Gefühl hinterlässt: Wenn ich in Berlin von einer U-Bahn zur nächsten umsteige, stehen unterwegs oft junge Leute, die kostenlos Zeitungen wie die „Süddeutsche“, die „FAZ“ oder die „Welt“ verteilen. Bei jedem, der sich nähert: „Eine kostenlose Zeitung? Eine kostenlose Zeitung?“

Nur ich werde ausgelassen. Hinter mir geht es dann weiter: „Eine kostenlose Zeitung, der Herr?“ In acht von zehn Fällen ist das so. Weil ich ein Thailänder bin und auch so aussehe. Ich habe kein Problem mit meiner Erscheinung, aber ein Problem damit, was diese jungen Deutschen damit assoziieren: a) Ist ein Tourist, braucht keine deutsche Zeitung. b) Lebt hier, kann aber vielleicht kein Deutsch. c) Kann vielleicht Deutsch, aber ist nicht gebildet genug, um das hier zu verstehen.

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Treten Sie jetzt nicht auf die Menschengattung Zeitungsverteiler, ich war selbst einer. Ähnliche Situationen erlebe ich auch mit den Studenten, die Spenden für Pandabären sammeln, und mit den „Wachtturm“-Verteilern. Ich werde immer wieder ausgelassen. Sie denken vielleicht, dass ich doch glücklich sein soll, von alledem nicht belästigt zu werden. Ginge es um Respekt oder Rücksicht, wäre ich glücklich. Aber Deutschland ist eben noch kein Zuwanderungsland, zumindest nicht in den Köpfen. Nicht solange jemand, der anders aussieht, Zweifel erweckt, ob er auch weniger kann und ob man sich damit jetzt beschäftigen will.

Da ist das Internet gerechter. Vielleicht auch deswegen, weil man gelernt hat, dass man sich in dieser allzu manipulierbaren Digitalwelt nicht auf die Erscheinung eines Nutzers verlassen kann. So sehr auch gepöbelt wird, jeder hat dort die Chance, für voll genommen zu werden. In Foren und Kommentarbereichen gilt das Wort.

Für die Werbung gelten Daten und Surfverhalten für mein Kundenprofil, ich bekomme Werbeeinblendungen, Abo-Angebote und Sonderdeals, manchmal passend zu meiner Stadt, meinem Beruf, meinen letzten Suchanfragen. Aber nie zu meiner Herkunft. Warum auch, wenn man uns mit Werbung lockt, kaufen wir nicht auch? Gut, dass es im Internet noch kein Ethno-Targeting gibt. Nur um sicherzugehen: Diese „Enlarge your penis“-Spammails erhalten auch Deutsche, oder?

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