Wenn ein Bild mehr sagt als tausend Worte – wie sieht es dann wohl erst mit dem Mehrwert von Selfies aus? Sind sie ein Weg der Selbstdarstellung, der Eigenwerbung, ein Ruf nach Aufmerksamkeit? Trend sind sie nicht erst, seit das Oxford English Dictionary den Begriff „Selfie“ zum Wort des Jahres 2013 machte. Selfies gibt es seit Erfindung der Kamera: Früher nannte man sie „Selbstporträts“. Nur jetzt, wo wir Zugriff auf eine unendliche Menge an Selfies aus aller Welt haben, können wir das mal semiwissenschaftlich betrachten.
Das Studienprojekt „SelfieCity“ macht das und will herausfinden, ob es kulturelle Unterschiede gibt bei der Art, ein Selfie zu schießen. Dazu wurden 656.000 Instagram-Fotos aus den Städten New York, Bangkok, Moskau, São Paulo und Berlin gefischt und die rund 3000 Selfies davon untersucht.
Ja, tatsächlich wurden da ein paar Leute angeheuert, die diese Bilder durchkategorisierten: vom geschätzten Alter, geschätzten Geschlecht bis wie weit ist der Mund geöffnet, wie viel gelächelt wird und so weiter. Die Daten gehen nun so weit, dass sich damit per Filter alle linkshändigen Frauen, die auf einem Solobild ihren Kopf fröhlich nach rechts neigen, anzeigen lassen. Das ist notwendig, um einen Datensatz zu erstellen, der halbwegs auswertbar, aussagekräftig und objektiv ist.
Was kam dabei heraus? Vor allem machen die Menschen viel weniger Selfies, als man es vermuten würde. Nur drei bis fünf Prozent beträgt der Anteil. Aber wenn Selfie, dann werden sie eher von Frauen gemacht: So ist in Berlin das Verhältnis 2:1. In Moskau sogar 4,6:1.
Frauen geben sich auch mehr Mühe bei der Inszenierung: Sie setzen sich meist sexy in Pose und heben dazu die Kamera einige Grad über die Augenwaagerechte (der sogenannte „head tilt angle“). So wirkt das Gesicht süßer, und es ist mehr vom Körper auf dem Foto. Frauen halten das Handy durchschnittlich in einem Winkel von 12,3 Grad (in São Paulo sogar 16,9, dann passt auch der Bikini ins Bild), Männer nur 8,2. Der durchschnittliche Selfie-Macher ist 23,7 Jahre alt.
Die Range geht dabei von 21 in Bangkok bis 25 in New York, das die ältesten Selfier hat. Aber das wohl wichtigste Resultat ist dieses: Die fröhlichsten Selfies werden in Bangkok und São Paulo geschossen, am wenigsten gelächelt wird dagegen in Moskau. Aber es gibt kein Grund zur Schadenfreude: Berlin liegt nur knapp vor den Russen. Also bitte lächeln, und zwar häufiger. Ruhig auch ohne Handy vor der Nase.