Das Karrierenetzwerk LinkedIn senkt das Mindestalter von 18 auf 14. Damit „ambitionierte Schüler schon im Gymnasium über die Zukunft nachdenken“. Doch so erschaffen wir nur freudlose Karrierekids.
Eines der schlimmsten Dinge, das man Kindern antun kann: ihr Erwachsenwerden zu beschleunigen. Früher steckte man sie in Fabriken. Heute sind sie in der Ganztagsschule. Und nun die nächste Stufe: Das Karrierenetzwerk LinkedIn senkt das Mindestalter für Mitglieder von 18 auf 14 Jahre.
Es ginge darum, dass „kluge, ambitionierte Schüler schon im Gymnasium über die Zukunft nachdenken – wo sie studieren möchten und welche Fächer, wo sie später leben und arbeiten möchten“, heißt es von LinkedIn. Aber mit 14 ist man höchstens in der neunten Klasse. In Wirklichkeit geht es hier doch darum, mehr Kundschaft und zwar noch früher zu bekommen. Das ist im Grunde klug, für die Unternehmen ohnehin, und es besteht die Möglichkeit, dass es für die Karriere der Kinder auch förderlich ist. Aber macht es sie nicht zu frühreifen Karrierehaien?
Demnächst erhalten Sie dann wohl eine Kontaktanfrage von Ihrem Neffen. Beim Blick ins Profil sehen Sie ihn auf einem Passfoto mit seinem Anzug von der Firmung, ernsthafter Blick, Haare gekämmt. In seinen Berufserfahrungen ist sein zweiwöchiges Schülerbetriebspraktikum beim Schreiner gelistet. LinkedIn-Manager Eric Heath sagte letzte Woche dazu: „Wir wollen solche Schüler ermutigen, die Kenntnisse und Erfahrungen der Millionen beruflich erfolgreichen LinkedIn-Mitglieder zu nutzen. So können sie informierte Entscheidungen treffen und ihre Karriere richtig angehen.“
Mit 14 schon an die „Personal Brand“ denken?
Kinder wollten schon immer schneller erwachsen werden. Und ihre Eltern und Lehrer wollen natürlich, dass aus ihnen mal etwas Ordentliches wird. Aber schon so früh die Karriere einleiten? Bei LinkedIn ist man ja auch noch stolz darauf, wenn man sich ein ausschließlich zu eigennützigen Zwecken bestimmtes Kontakte-Netzwerk aufbaut. Vor dieser Einstellung zu menschlichen Kontakten sollte man Kinder lieber länger beschützen.
Bei Facebook sollen sie weiter fröhlich mit ihren Freunden interagieren. Und sich nicht auf LinkedIn Gedanken machen, wie sie ihren eigenen Marktwert erhöhen und die „Personal Brand“ noch besser aufbauen können. Wollen wir die Kids wirklich schon dazu bringen, sich entweder für sechs glückselige Wochen Sommerferien zu entscheiden oder besser für ein Praktikum, das dann im LinkedIn-Profil gut aussieht? Was für eine Verschwendung von Kindheit!
Wer will, dass aus dem Kind etwas wird und dass es aufregende Dinge erlebt, sollte es einfach mal in Ruhe lassen.