Wenn die Meinung schon vor Kauf geschrieben ist

Beim Online-Shopping helfen Userkritiken bei der Kaufentscheidung. Doch nicht alle Rezensionen sind echt. Oft werden Verrisse geschrieben, ohne dass das Produkt je gekauft wurde. Von besten Kunden.

Kundenrezensionen im Internet können sehr hilfreich sein. Aber natürlich sind es oft genug Freunde oder die Tante des Restaurantbesitzers oder Produkterfinders, die zur Feder greifen. Sie wollen damit helfen. Manchmal ist es sogar eine ganze PR-Abteilung, die so nett ist. Aber wer sind eigentlich die Leute, die diese erfundenen negativen Kundenrezensionen schreiben, ohne das Produkt überhaupt gekauft und besessen zu haben? Erstaunlicherweise nicht in erster Linie Wettbewerber oder geschasste Mitarbeiter, die dem alten Chef eins auswischen wollen.

Eine Studie am MIT hat sich genau mit diesen „fake negative reviews“ befasst und herausgefunden, es mit einer unerwarteten Nutzergruppe zu tun zu haben – und mit unerwarteten Beweggründen. Es stellte sich heraus, dass falsche Rezensionen vor allem von Kunden geschrieben werden. Und zwar von den treuesten Kunden. Bei der Studie wurden 325.000 Rezensionen von registrierten Käufern bei einem Kleidungshersteller betrachtet, der seine Waren fast ausschließlich über die eigene Seite vertreibt. Bei 16.000 der Reviews gab es keinen Hinweis darauf, dass diese nach einem Kauf getätigt wurden. Die meisten kann man herunterbrechen auf: „Ich hätte mir die negativen Rezensionen durchlesen sollen. Das neue Produkt ist Mist, macht es so wie früher! Warum werden gute Designs geändert?!“

Die gekränkten Kunden treten hier als selbst ernannte Marken-Evangelisten auf und lassen in der Bewertung richtig Dampf ab. In der Hoffnung, dass viel Hass auf viel Reaktion stößt. „Deine besten Freunde sind deine größten Kritiker“, heißt es. In der Studie wird das Beispiel von Harley Davidson genannt: Als der Motorradbauer einst ein Parfüm herausbrachte, hagelte es Kritik, die Stammkunden hatten das richtig persönlich genommen. Sie sahen ihre Lieblingsmarke zugrunde gehen. So ist das auch in dieser Studie gewesen.

Der Bekleidungshersteller ist nun alarmiert. Eine Möglichkeit wäre, nur noch solche Kunden Rezensionen schreiben zu lassen, die das Produkt laut Shop-Datenbank auch gekauft haben. Oder man gibt den Kunden eine Möglichkeit, ihren Zorn der Firma mitzuteilen, ohne dies über die Rezensionen zu tun. Was lernen wir daraus? Den meisten Spaß hat man mit den negativsten Kundenbewertungen. Je leidenschaftlicher der Hass, umso eher bekommt man ein Gefühl dafür, dass die Marke einst einmal nicht so viel falsch gemacht hat.

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