Wie Kätzchenbilder das Internet für sich erobern

Das Internet war die Zeitenwende für Technik, Kultur und Gesellschaft, hat aber einem Makel: Es ist nicht echt, es fehlt die Seele. Vielleicht ein Grund dafür, warum süße Tiere Klick-Hits sind.

Sie posten und liken gerne Katzenbilder? Schämen Sie sich nicht, Sie sind normal. Das sage nicht nur ich. Das sagt auch Jonah Peretti, der Chef der Internetseite Buzzfeed. Bestimmt sind Sie schon einmal über Buzzfeed gestolpert.

Ein faszinierendes Werk mit einer unfassbaren Mischung aus mittlerweile kluger politischer Analyse, Tech-Stuff und, womit es zu Beginn am stärksten wuchs, schier unendlichen Listen mit herzzerreißenden Tierchenfotos. Buzzfeed ist seit einiger Zeit das interessanteste „big thing“, seit einst die „Huffington Post“ online ging. Kein Zufall: Peretti gehörte zu den Gründervätern der „Huffpo“, und er hat nun eins der mächtigsten Stücke Content-Fläche des Internets gebaut – einen der zentralen Punkte für viralen Inhalt.

Letzte Woche hat er in New York einen Vortrag gehalten und erklärte, welcher Content sich im Web gut verkaufen lässt, was geteilt wird und warum. Zunächst einmal sei der User im Web nicht als eine einfache berechenbare Persönlichkeit mit einem bestimmten Interessengebiet aufzufassen. Was er will und mag und wie er es annimmt, hängt davon ab, wo er sich im Netz befindet. So wird auf Google, wenn man einen Blick in die Trends wirft, ganz anderes gesucht, als auf Facebook geteilt wird. Eins von beiden ist sehr viel anzüglicher. Mit Freunden in einer Bar verhält man sich ja auch anders als mit Kollegen in der Kantine.

Von sich selbst glaubt man immer, man würde sich im Grunde stets gleich verhalten. Und so glaubt man von sich selbst, dass einen Katzen nicht interessieren. Aber so ist es nicht. Und so passiert es, dass wir plötzlich über Cat-Content-Verteiler lachen und uns durch die 50 niedlichsten Katzen, die sonst was tun, klicken und dabei glucksen.

Dahinter steckt eine tiefe Philosophie, sagt Peretti: „Es geht dabei nicht um Katzen. Es geht darum, Mensch zu sein.“ Ja, er sagt, dass es nicht um die Niedlichkeit der Tierchen an sich geht, sondern darum, dass wir ein klein wenig uns selbst in ihnen sehen: Sie leben, sie fühlen, sie sehen und riechen. Sie sind fröhlich und traurig. Was sie tun, ruft deswegen eine Emotion in uns hervor, und noch stärker werde der Effekt in einer so technischen Umgebung wie dem Internet, wo eins nämlich immer schwer fühlbar bleibt: Seele.

Kurzum: Sehe ich Kätzchen im Web, bin ich wieder mehr ein Mensch. So, jetzt können wir mit gutem Gewissen wieder Kätzchen an alle schicken. Miau.

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