Akku leer: Wohl dem, der dann einen Stromanschluss findet. Auf deutschen Flughäfen und Bahnhöfen muss man dafür durch Dreck kriechen und kommt sich vor wie ein Energie-Dieb. Dabei geht es auch anders.
Jeden Tag spielen sich an deutschen Flughäfen und Bahnhöfen schlimme Szenen ab. Menschen kauern auf dreckigen Böden, in dunklen Ecken neben Getränkeautomaten, an Stützpfeilern. Es sind Menschen aus allen Altersgruppen und Schichten, vom Businessman bis zum Backpacker. Sie erleben eine Notlage, wie sie immer häufiger bei Reisenden auftritt und zu verzweifelten Auftritten führt: Der Akku ist leer. Ob Handy oder Laptop, erscheint im Display die gefürchtete Aufforderung „Ladegerät anschließen – Akku ist fast leer“, gerät der Besitzer unter Druck. Es drohen akute Arbeitsunfähigkeit, Beziehungsdramen und Langeweile. „Ladegerät anschließen“ – nur wo?!
Genau das ist das Problem von Reisenden in Deutschland. Nicht die Suche nach freiem WLAN, denn viele haben eine Datenflatrate. „Wo bekomme ich Strom her?“, lautet die Frage der Not. Die wilde Suche nach einer Steckdose beginnt. Erblickt man eine Frau mit Laptop auf dem Schoß, wie ein Museumsaufseher auf einem Stuhl ohne Tisch an einer Wand sitzend, dann ist man fündig geworden: Strom mit Sitzplatz – Jackpot! Doch hat es auch nur den Anschein, als würde sie den Rechner schließen, schnellen plötzlich zig Hände mit Ladegeräten hervor. Dann fallen oft harsche Worte, es wird verhandelt, wessen Akku-Not größer ist. Wie der verzweifelte Kampf um ein UN-Hilfspaket. Endlich angestöpselt, fühlt man sich wie beim Radler nach harter Gartenarbeit. Doch man weiß: Diese Steckdose wird normalerweise für Staubsauger genutzt. Man kommt sich vor wie ein Energieschnorrer, ein Stromdieb. Ein Ausweg: Man geht in ein Flughafencafé, nachdem man es vorher nach einer wenig exponierten Steckdose untersucht hat, und erkauft sich mit einem Cappuccino das moralische Recht auf etwas Ladezeit.
Es geht auch anders. Nehmen wir den Übergangsflughafen in Doha in Katar. Kleiner als Tegel, und doch gibt es an prominenten Stellen des Gebäudes große Tische mit zahlreichen Steckdosen, eigens für leere Mobilgeräte. Niemand sitzt im Dreck, niemand ist ein Dieb. Bei der Auskunft des Frankfurter Flughafens sagte man mir: „Steckdosen finden Sie doch überall bei uns im Flughafen.“ Ja, überall, und alle auf Bodenhöhe.
Liebe Flughafen- und Bahnhofsbetreiber: Bitte lassen Sie diese Zustände nicht länger zu. Menschenwürdige Ladestationen gehören in diesem Jahrhundert genauso zur Infrastruktur eines öffentlichen Gebäudes wie Sitzbänke und Toiletten. Bitte helfen Sie uns!