Für jedes Unglück eine App

Wie sehr wir in den sozialen Netzwerken angekommen sind, zeigen neue Untersuchungen. Zwar greifen die Menschen im Notfall zum Smartphone – allerdings verständigen Sie die Rettung nicht telefonisch.

Twitter hat sich vor einiger Zeit selbst eine Tag-Line geschaffen: “Faster than earthquake” – schneller als ein Erdbeben. Sie entstand nach einem Erdbeben im US-Staat Virginia im vergangenen Jahr. Laut Messungen hatte es eine Stärke von 5,9 und brauchte etwa dreißig Sekunden, bis seine Erschütterungen auch in New York spürbar waren. “Genug Zeit, um das zu twittern”, sagen die Herrschaften von Twitter.
Das haben tatsächlich viele gemacht: Innerhalb von sechzig Sekunden gingen 40.000 Tweets über das Erdbeben raus, 5500 pro Sekunde – mehr als beim Tod von Osama Bin Laden und beim Japan-Beben, das zur Fukushima-Katastrophe führte.

In Notsituationen und Katastrophen greifen die Menschen immer häufiger zuerst auf die sozialen Netzwerke und mobilen Technologien zurück. Es geht sogar so weit, dass es vor einiger Zeit gehäuft Meldungen über junge Menschen gab, die beispielsweise daheim saßen und das Gefühl hatten, dass ein Einbrecher im Haus ist – aber dann nicht die 911 wählten, sondern ein Statusupdate im Netzwerk absetzten.

Daraufhin sah man bei den Behörden Handlungs- und Aufklärungsbedarf. In ihren Profilen weisen viele Behören nun regelmäßig darauf hin, dass man im Notfall besser nicht ausschließlich an deren Pinnwand schreiben sollte, wenn man Hilfe suche.

So gibt die US-Küstenwache auf ihrem Twitter-Konto die klare Information: “Dies ist kein Notfall-Kommunikationsweg. Wenn Sie in Not sind, funken Sie bitte auf Kanal 16 oder rufen die 911 an.”
Denn dort am Telefon seien Profis, die schnell die richtigen Rückfragen stellen – mit einem Twitter-Reply lässt sich wohl weniger gut herausfinden, was gerade Sache ist. Aber tatsächlich finden 80 Prozent der User, dass Behörden für Notsituationen mehr als ein Auge auf die sozialen Medien haben sollten.
Apps für den Notfall

Aber nicht nur fürs Aussenden, auch bei der Suche nach Information in Notlagen ist das Web für viele zur Standardquelle für Informationen geworden. Laut einer Erhebung des Roten Kreuzes nutzen 18 Prozent zuerst Facebook zur Orientierung. Deswegen ist Social Media zum festen Bestandteil der Arbeit des Roten Kreuzes geworden.

In Situationen wie dem Hurrikan “Sandy” hat die Organisation im Vorfeld Informationen getwittert und gepostet, wie man sich schützen kann, wo man Unterschlupf findet und wer im schlimmsten Fall für einen zuständig ist. Das Rote Kreuz hat zudem zwei kostenlose Apps: Die SOS-App, die bei Erster Hilfe und der Wiederbelebung Anleitung gibt, und die Shelter-App, die Personen mithilfe von Geodaten zum nächsten Schutzraum führt.

Bei der Studie kam auch heraus: Am häufigsten werden die sozialen Netzwerke aber vor allem dazu genutzt, Freunden und Familie mitzuteilen, dass es einem gut geht. Mehr als 31 Prozent gehen nach Notfällen dafür online und posten es. Das Rote Kreuz hat dafür auch extra die Seite www.redcross.org/safeandwell eingerichtet. Von da kann man mit einem Klick über seine Befindlichkeit posten.
Wer sich aber vorher nicht dazu entschieden hat, sich auf Facebook mit der wichtigsten Person der Welt anzufreunden, der sollte dann doch mal das Smartphone ans Ohr führen und sagen: “Mama, ich bin okay.”

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