Die Vorschläge der Autovervollständigung basieren auf Suchanfragen anderer User. Deshalb glaubt Google besser zu wissen, was wir wollen, als wir selbst. Und liefert Einsichten in deutsche Abgründe.
Im Grunde ist die Autovervollständigung von Google wie ein nervender Gesprächspartner, der immer dazwischenredet, sobald er auch nur eine grobe Ahnung zu haben glaubt, was du als Nächstes sagen willst. Du beginnst deinen Satz mit „Ich habe da einen Nachbarn …“, und dein Gegenüber ergänzt: „… der stellt nachts immer wieder seine Möbel um? Und wenn er kocht, stinkt es im ganzen Treppenhaus nach toter Katze? Solche Nachbarn hatte ich auch mal, das war ganz schlimm …“
So arbeitet Google quasi auch. Ich gebe „W“ ein, und die Autovervollständigung schlägt „Wetter“ vor. Beim Suchwort „Mandelentzündung“ bietet Google direkt die Ergänzungen „Hausmittel“ und „was hilft“. Im Gegensatz zum menschlichen Gesprächspartner verlässt sich Google aber nicht aufs Gefühl, sondern auf Daten über die Popularität von Suchbegriffen.
Die Ergänzungsvorschläge beruhen auf einem Algorithmus, der die Sucheingabe mit den Anfragen anderer Nutzer vergleicht. Die Autovervollständigung wurde bei der Einführung angepriesen als Wundermittel. Sie spare Zeit und helfe, die Suchanfrage präziser zu formulieren – sprich: Sie will besser wissen, was wir wollen, als wir selbst. Mir wird also „Wetter“ vorgeschlagen, weil Google denkt: „Wer W will, will meist Wetter.“
Dieser Demokratisierung der Suchanfragen ist Deutschlands ehemalige First Lady Bettina Wulff zum Opfer gefallen. Seit Langem schlug Google bei der Suchphrase „Bettina Wulff“ die Ergänzungen „Escort“ und „Artemis“ vor. Mittlerweile reicht schon die Eingabe von „Bettina“, um zum Thema „Prostitution“ zu gelangen.
Die Autovervollständigung bietet andersherum den Einblick in die Interessen der Deutschen: Wird eine Bettina gesucht, geht es meist um Frau Wulff. Mit „A“ erhalte ich „Amazon“ und „Aldi“, die Eingabe von „Wieso“ ergänzt Google aus dem Pool der Top-Suchanfragen zu „Wieso nehme ich nicht ab“. Es offenbaren sich aber auch ganz andere Abgründe: Bei „Ist es falsch“ wird als Vervollständigung „mit meiner Cousine zu schlafen“ vorgeschlagen; die Wortfolge „Kann ein Mensch“ wird offenbar häufig in dem Satz „Kann ein Mensch ein Pferd schwängern“ verwendet.
Und über die großen Gefühle der Deutschen erfährt man: „Ich liebe“ wird oft verwendet mit „den Frühling“, „einen Nazi“, „dich“ und „die Berge meiner Heimat“. Bei „Ich hasse“ erscheinen „dich“, „Berlin“ und „deine Mutter“. Google weiß es halt.